DISPLACED MEMORIES

Beunruhigende Verschwommenheit.

In den Jahren 2001 bis 2004 verwirklichte ich ein Fotografie-Projekt.

Die Konzentrationslager des III. Reiches.

Während der Begehung dieser historischen Orte hatte ich immer das Gefühl von gerade noch eingefangen und noch nicht ganz verschwunden. So habe ich versucht die Bilder in diesem „Zwischenraum" anzusiedeln. Obwohl Unschärfe eigentlich ein Fehler ist habe ich sie zum Stilmittel dieser Bilder gewählt.
Ich reduziere das Subjekt auf das Wesentliche.
Eine Mauer ist nicht mehr nur eine Mauer, sondern auch das was sie verdeckt, einsperrt, abwehrt oder verhindert.
Ich verweigere somit den klassischen Wiedergabecharakter der Fotografie, ohne ihr Wesen, immer Teil der Situation zu sein, die sie zeigt, zu beeinträchtigen. Der Betrachter muss sich mit dem Entzug der Realität zufrieden geben,
er muss sie durch Erinnerung ersetzen.
Die Unschärfe ist ein Vorzeichen des Verschwindens.
Ein unscharfes Bild lässt das Auge nicht zur Ruhe kommen, es sucht in dem Bild Indizien, die Aufschluss über das Unvorstellbare geben. Sie provoziert die Phantasie, das Unvollständige zu vervollkommnen, Sie provoziert Erinnerungen.
Meine Bilder provozieren das Phänomen des Sich-Erinnerns. Da der Betrachter nicht von der Realität des Abgebildeten, vereinnahmt wird, eröffnet sich ihm das, was nicht abgebildet ist.
Das Bild füllt sich mit zusätzlichen Dimensionen und es lassen sich Empfindungen anderer Sinne damit verbinden.                                                         
Da kein Bild einer Erinnerung, dem Erlebnis, an das sich die Erinnerung knüpft, entspricht, kommt die Unschärfe diesem am nächsten. Sie ist eine Balance zwischen Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit, sie ist Ausdruck von Unzufriedenheit und dem Verlangen anderes zu sehen als üblicherweise.
Der Besuch dieser Orte löst in mir immer ein Gefühl von Trauer aus, dem Gefühl etwas verloren, vergessen oder versäumt zu haben.

Es entstand eine beunruhigende Verschwommenheit.
Till Leeser


back vita contact - gallerys - agents